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“Herrliche Zeiten” im alten Kino: Bestseller-Autor Prange präsentiert neues Buch

MEINERZHAGEN (mk) Der Mann ist ein Phänomen. Der bekanntlich aus Altena stammende Schriftsteller Peter Prange verfasst einen “dicken Wälzer” nach dem anderen, und erntet dafür die verdienten Lorbeeren. Immerhin ist er mit der in seiner Heimat spielenden Verfilmung “Unsere wunderbaren Jahre” endgültig bekannt geworden, denn dieser Roman wurde verfilmt und als Mehrteiler im ARD-Fernsehen sehr erfolgreich ausgestrahlt. Jetzt hat der Wahl-Schwabe sein Buch “Herrliche Zeiten” in Meinerzhagen vorgestellt.

Prof. Dr. Kirsten von Hagen (rechts) konnte Prange die Bühne mit gutem Gewissen überlassen. © Markus Klümper

Das neue Werk hat enge historische Bezüge: Die Geschichte mit einer Frau und zwei Männern im Mittelpunkt beginnt vor etwa 150 Jahren in Karlsbad. Genauer gesagt: Im Jahre 1871. Dort lernen sich die Hauptprotagonisten als junge Leute kennen: Die Industriellen-Tochter Vicky aus London, der Berliner Bauingenieur Paul und der aus Frankreich stammende Auguste Escoffier. Bei ihren Begegnungen in der böhmischen Kurstadt entwickelt sich eine “Geschichte um “Liebe und Freundschaft über alle Grenzen hinweg”. Eine Geschichte, bei der Prange ein außergewöhnliches Maß an Distanz zur Realität wählte: Während der Schriftsteller bei seiner Lesung im alten Meinerzhagener Kino über Vicky und Paul keine direkte Verbindung zu Menschen herstellte, die tatsächlich einmal gelebt haben, tat er bei Auguste Escoffier genau das Gegenteil. Bei den dritten “Himmelsstürmer” des Romans handelt es sich um keinen geringeren als den gleichnamigen französischen Meisterkoch, dem die Fachwelt nicht nur das Standardwerk “Guide Culinaire” zu verdanken hat, sondern der auch die Arbeits- und Hygienebedingungen in den Küchen von noblen Restaurants und Hotels drastisch verbessert hat. Nebenbei auch das Berufsimage von Köchen, denn das war seinerzeit genauso unterirdisch wie der Mangel an Sauberkeit. Diese titulierte Prange als “stinkende und blutige Höllenorte”.

Ob Escoffier wirklich mal für eine Schar von Katzen gekocht hat, wie es Prange aus einem mehr als skurrilen Kapitel seines Buches vorlas, lässt sich historisch nicht nachvollziehen. Die Geschichte von Vicky aus geldadligem Hause ist hingegen typisch, und die Rückschläge die Paul als Spross einer Bauunternehmer-Familie einstecken musste, passieren wohl in dieser oder ähnlicher Form immer wieder. Doch nicht nur die Geschichte selbst zog die rund 100 Zuhörerinnen und Zuhörer in den Kinosesseln in ihren Bann. Es war auch Prange Art, sein Buch zu präsentieren. Der Besteller-Autor zählt zweifellos nicht zu den introvertierten Exemplaren seiner Zunft, das wird schnell klar. So hatte die Literaturwissenschaftlerin Dr. Kirsten von Hagen als Moderatorin des Abends auch ein leichtes Spiel. Die Professorin für spanische und französische Literatur- und Kulturwissenschaft konnte dem eigens aus Tübingen angereisten Prange die kleine Bühne überlassen.

Auch wenn das Publikum hier ernst und gespannt wirkt: Es wurde bei der Lesung viel gelacht.
Ambiente und Anlass passten hervorragend zusammen.

Der Autor mit sauerländischen Wurzeln hatte sein Auditorium im Griff und bewies damit seine Entertainer-Qualitäten. Dabei bekam das Schwabenland, in dem er seit 50 Jahren lebt, mehr als einmal sein Fett weg: Er beschrieb sein neues Buch als “Drei Romane in einem”, womit man besonders “die Schwaben aus dem Häuschen kriegt”, denen der Ruf der besonderen Sparsamkeit anhaftet. Und die angebliche “höchste Klugscheisserdiche pro Quadratmeter in Deutschland”, wo jeder Taxifahrer habilitiert sei und jede Wurstverkäuferin promoviert hätte. Und obendrein ihren Bildungsstand jedem ungefragt mitteilen würde.

Einen großen Teil seiner Ausführungen widmete Prange aber der Politik. Immer wieder zog er Parallelen aus der Zeit, in der seine Geschichte spielt, mit der aktuellen Situation in der Welt. Immerhin schien 1871 die Zeit der großen Kriege vorbei, wie man es in Mitteleuropa bis vor einigen Jahren auch mal hoffen durfte. All das verpackte Prange oft humorvoll, stets bissig in einen unterhaltsamen Abend, dessen wichtigster Tagesordnungspunkt, die Vorlesung aus dem neuen Buch, mit einem Cliffhanger par excellence endete: Einer mißlungenen Sprengung beim Bau des Berliner Abwasserkanalnetzes. Wer wissen will, wie Bauingenieur Paul und sein Vorabeiter aus der Nummer wieder rauskamen, muss wohl das Buch kaufen.

Das ist nicht nur im Sinne von Peter Prange, der nach eigenen Angaben nur Schriftsteller wurde, weil er von seiner Arbeit als Hypnotiseur nicht leben kann, sondern auch vom Meinerzhagener Buchhändler Wolfgang Schmitz. Dieser hat die Vorlesung gemeinsam mit dem KuK-Verein realisiert. Und die kann man wohl als gelungen bezeichnen. Das alte Kino war gut gefüllt, und der Erfolgsautor ist seinem Wunsch, als “Helmut Kohl der Belletristik” in die Literaturgeschichte einzugehen, vielleicht ein ganz kleines Stück nähergekommen. Mit viel Selbstironie und Humor bleibt er seinem Publikum jedenfalls in bester Erinnerung. Manches nette Gespräch ergab sich noch beim anschließenden Signieren: Der Autor hat mit dem Cliffhanger offenbar gutes Gesprür bewiesen, jedenfalls wurde direkt nach der Lesung manches Buch verkauft.

Buchhändler Wolfgang Schmitz (in der Mitte) holte Peter Prange nach Meinerzhagen. Claudia Seiffert (links) unterstützte tatkräftig an diesem Abend.