21. November 2024
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“Nie wieder ist jetzt”: 600 Menschen setzen in Meinerzhagen Zeichen gegen rechts

MEINERZHAGEN (mk) Es könnten sogar deutlich mehr Teilnehmer gewesen sein, doch Mit-Organisator Rolf Puschkarsky und die begleitenden Polizisten kamen nach der Mahnwache am Donnerstag, 1. Februar auf dem Otto-Fuchs-Platz übereinstimmend auf diese Zahl. Ohnehin übertrifft diese die Erwartungen, und der Platz vor der Meinerzhagener Stadthalle war voll. Mit jungen Menschen, sogar Kindern, aber zum großen Teil auch mit Menschen, deren Eltern das Dritte Reich hautnah miterlebt haben. Menschen, die den derzeitigen Rechts-Ruck der Gesellschaft und den immer offener gezeigte faschistische Haltung nicht für möglich gehalten hätten.

So wie in vielen Teilen Deutschlands formiert sich nun auch im Volmetal Widerstand gegen dieses politische Abdriften. “Eigentlich viel zu spät,” wie Rolf Puschkarsky in seiner Begrüßung erklärte, und bezog sich dabei natürlich nicht auf die Uhrzeit, sondern darauf, dass Demokraten besser viel eher auf die Straße gegangen wären. Er sprach in einer Doppelrolle: Als SPD-Fraktionsvorsitzender im Meinerzhagener Rat, als auch in seiner Funktion als Vorsitzender des hiesigen AWO Ortsvereins. Dieser hatte mit der SPD zusammen zu der Mahnwache aufgerufen. Die Liste der beteiligten Institutionen ist lang.

Mit-Organisator Rolf Puschkarsky begrüßte die Teilnehmer. Fotos: Markus Klümper

Für Bürgermeister Jan Nesselrath, der zunächst die versammelten Menschen um ein Gedenken an die dramatischen Ereignisse vom Skater-Platz bat, war die Beteiligung selbstverständlich. In seiner Ansprache erklärte Nesselrath, er sei zum einen als Bürgermeister hergekommen, “zum anderen auch als Bürger dieser Stadt und als Mensch.” Ihm geht es um Mitmenschlichkeit, um Demokratie und um Freiheit. Demokratische Grundwerte, die er in Gefahr sieht: “Grenzen im Sagen und Handeln werden immer offen verschoben, Extreme werden salonfähig”, so das Oberhaupt der Stadt Meinerzhagen. Sein Appell: “Machen Sie von Ihrem Wahlrecht gebrauch!”

Christina Först (Initiative Stolpersteine) mahnte an die Folgen, wenn Faschisten in Deutschland zuviel Macht bekämen. Sie erinnerte an rechtsextremistische Anschläge wie in Mölln oder Solingen. Holocaust-Leugnern begegnet Först mit aktueller Umgangssprache: “Auschwitz ist Fakt, kein Fake.” Den Demonstranten auf dem Otto-Fuchs-Platz erklärte sie “Dass Sie alle heute hier sind, ist Fakt. Kein Fake!”

Der Landtagsabgeordnete Gordan Dudas nahm direkt die AfD ins Visier: “AfD-Politik bedeutet Unsicherheit, Gewalt, Vertreibung, Hass, Hetze und wirtschaftlicher Bankrott.” Die AfD sei ein großes Unglück für Deutschland, so der SPD-Politiker in seiner Rede. Seine Befürchtung: “Wer die Demokratie verschläft, wacht in der Diktatur wieder auf!”

Obgleich dies nach den Worten von Puschkarsky keine parteipolitische Veranstaltung sein sollte, erklärte Matthias Scholand (CDU Meinerzhagen), man müsse auch Ursachen für die aktuelle Lage fragen: “Wenn bessere Politik gemacht würde, dann ständen wir nicht hier.” Diese Aussage kann selbstkritisch verstanden werden, möglicherweise aber auch als Seitenhieb auf die Regierungsparteien in Bundestag. Dass nicht wenige Menschen in Deutschland mit der Politik der Bundesregierung unzufrieden sind, ist kein Geheimnis. Unter den Demonstranten dürfte aber Einigkeit geherrscht haben, dass dies kein Anlass sein darf, extreme Parteien zu wählen und dem Faschismus Türen zu öffnen.

Der evangelische Pfarrer Klaus Kemper-Kohlhase räumte ein, auf die Anfrage, an diesem Abend zu sprechen, gezögert zu haben. Diese Zögern machte er zum Thema seiner kurzen Ansprache und zitierte den bekannten Pfarrer Martin Niemöller: “Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.” Kemper-Kohlhase sieht es als seine christliche Pflicht, der AfD entgegenzutreten.

Auch Birgit Claus (Bündnis 90 / Die Grünen) sieht in dieser Partei eine große Gefahr: “Die AfD zeigt immer mehr ihr wahres Gesicht. Wir müssen dem Rechtsextremismus die rote Karte zeigen.” Dem schließt sich auch der SPD-Kreistagsabgeordnete Fabian Ferber an, der auch erklärte, welche Folgen die Abschiebungs-Pläne der AfD haben könnten. Damit wären sogar Menschen wie seine eigene Tochter betroffen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft hätten.

Der ehemalige Hauptschullehrer Albert Schmidt beschrieb multikulturelle Schülerschaft als bunt und lebendig: “Wir waren international.” Der Pädagoge forderte, der AfD den Geldhahn der Parteienfinanzierung zuzudrehen, es könne nicht sein, dass für deren Unsinn Millionen flössen. Eigentlich seien alle faschistischen Gruppierungen ohnehin verboten und verwies auf das “Potsdamer Abkommen” von 1945: “Da kann sich keiner rausreden”, so Schmidt.

Mit seinen abschließenden Worten dankte Rolf Puschkarsky den Teilnehmern: “Sie haben mit dieser Veranstaltung Ihr Zeichen gesetzt.” Eine Veranstaltung, die absolut geordnet und friedlich verlief, womit die anwesenden Polizeibeamte und Kräfte des Ordnungsamtes im Grunde auch gerechnet haben. Die hatten während der Kundgebung allenfalls mit der Kälte zu kämpfen, konnten aber völlig entspannt bleiben.

Hingewiesen wurde am Schluss auch auf die Kundgebung, zu der am Samstag, 10. Februar vom “Bündnis für Demokratie und Vielfalt” zur Kiersper Gesamtschule eingeladen wird. Ab 10 Uhr geht es dort los.

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