Das THW in Halver wird 60 und ist wichtig wie nie
HALVER (mk) Als Zugführer Matthias Oelke Bilder aus den Anfängen des Ortsverbandes zeigte, ging in der Aula der Humboldtschule ein Schmunzeln durch die Reihen. Fotos von geselligem Zusammenkommen der ehrenamtlichen Helfer erinnerten wohl manchen an seine Bundeswehrzeit. Inklusive olivgrüner Kluft und der obligatorischen Flasche Bier in rustikalem Ambiente. Das war eben Zeitgeist und gehört genauso wie die Aufbruchsstimmung in das damalige Deutschland. Genauer gesagt: Westdeutschland, und darin liegt auch der Grund für eine inzwischen längst überwundene Durststrecke, in der die Notwendigkeit des Technischen Hilfswerks noch nicht in vollem Umfang erkannt worden ist.
Die praktischen Aufgaben des THW waren von Anfang an klar umrissen, nur der politische Hintergrund hat sich gewandelt. Bei der Feier zum 60-Jährigen Jubiläum des Ortsverbandes Halver am vergangenen Samstag, 21. September, wurde dies sehr deutlich. Durch das Ende des kalten Krieges mit dem Mauerfall 1989 war die Politik nicht nur der Ansicht, die Bundeswehr wäre nun weniger gefordert, sondern auch das THW als Zivilschutz-Organisation. Heute ist klar: Das THW ist nicht nur angesichts der immer häufigeren Unwetterkatastrophen wichtiger denn je, und die Kompetenz der Organisation bei Naturkatastrophen wie Erdbeben ist weltweit gefragt. Daran lässt auch ein in letzter Sekunde geplatzter Einsatz in Marokko keine Zweifel aufkommen, als Zugführer Matthias Oelke mit einem 50-köpfigen Team der “Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland” (SEE-BA) bereits nahe des Köln-Bonner-Flughafens auf die Reise gehen wollte, doch auf politischer Ebene kam die Hilfeleistung dann doch nicht zustande. Sicher frustrierend für die Helferinnen und Helfer, aber vermutlich auch erleichternd für die Angehörigen, denn solche Einsatze sind durchaus gefährlich.
Dass die Familien der THW-Helfer von den Vertretern der Politik in den ausdrückliche Dank für ihre aufopferungsvolle Arbeit eingeschlossen wurden, ist nur angemessen. Besonders Armin Kibbert, der den Halveraner Bürgermeister Michael Brosch vertrat, machte dies in seinem Grußwort deutlich: “Ihre Familien lassen Sie in den Einsatz ziehen”, bringt er es auf den Punkt. Als Polizeibeamter weiß Kibbert genau wovon er spricht: “Sie sehen dort Bilder, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt.”
Das gilt bekanntlich auch für das Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr. Besonders rund um Halver ist die Zusammenarbeit zwischen THW und den Feuerwehren eng und freundschaftlich. So war es bei der Jubuiläumsfeier nicht verwunderlich, dass Vertreter der Feuerwehren aus Halver und Schalksmühle zum Gratulieren kamen. Wehrleiter Dennis Wichert betont nicht nur die freundschaftliche Verbundenheit zwischen den hiesigen Rettungsorganisationen, sondern erklärt auch, wo das THW immer häufiger die Arbeit der Feuerwehr flankiert — besonders bei Großlagen: “Wir sind stolz, dass wir mit vier Autos 8000 Liter Löschwasser bewegen können — und dann kommt das THW und dieselbe Menge mit einem Fahrzeug”, macht Wichert deutlich. Auch beim “BHP50”, dem Behandlungsplatz für eine große Anzahl von Verletzten arbeiten Feuerwehr und THW auf Kreisebene zusammen. Diese Einsatzeinheit betreiben beide Institutionen mit Halveraner Beiteiligung gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz.
Gerade für den THW-Ortsverband Halver ist das Ausleuchten von Einsatzstellen eine wesentliche Aufgabe, sowie die Hilfe bei Hochwasserlagen. Anders als bei den Feuerwehren haben die regionalen Gruppen des Technischen Hilfswerks deutliche Schwerpunkte in ihrem Arbeitsbereich, so dass sich die Ortsverbände mit denen aus der Umgebung fachlich (“modular”) ergänzen. Wie vielfältig die Arbeit des THW ist, wurde in der Fotopräsentation aus den 60 Jahren der Ortsgruppe Halver deutlich.
Um diese Aufgaben zu bewältigen, braucht es Menschen, Ausrüstung, Fahrzeuge und nicht zuletzt eine geeignetes “Dach über dem Kopf”. Der heimische Bundestagsabgeordnete Florian Müller (CDU) macht in seiner Ansprache keinen Hehl daraus, dass er sich “immer was ins Hausaufgabenheft schreiben” müsse. “Wir wissen in der Politik sehr genau, dass Sie das Rückgrat der Sicherheit unserer Gesellschaft sind”, macht der Bundespolitiker deutlich, und verspricht “Verbessung der Ausstattung im Liegenschaftsbereich”. Die Zeit der Schubkarren und Schaufeln sei lange vorbei, und die technische Ausstattung des THW war stets weniger ein Problem gewesen, heißt es in Kreisen der Hilfsorganisation. Knackpunkt waren lange Zeit die Fahrzeuge, aber seit einigen Jahren ist der Fuhrpark auf einem modernen Stand.
Hier ist man in Halver so gut aufgestellt, dass man der Feuerwehr einen Kleinbus leihweise zur Verfügung stellen konnte. Wohl landesweit das einzige blaue “Feuerwehrauto”. Nicht nur ein Unikum, sondern ein fahrender Beweis für die enge Zusammenarbeit der Organisationen. Kritisch ist aber tatsächlich die Unterbringung des Ortsverbandes. Die Anforderungen sind auch hier ähnlich wie bei den Feuerwehren mit den Jahrzehnten gestiegen. Dass das THW dem Bund unterstellt ist, macht die Sache aber nicht gerade flexibler: In den Städten und Kommunen werden Rat und Verwaltung hautnah mit den Bedürfnissen der Feuerwehren konfrontiert — und sind auch dafür zuständig. Ausserdem geht es nicht nur darum, die nötigen Mittel für etwaige Modernisierungen oder gar Neubauten flüssig zu machen, sondern auch um die Suche nach geeigneten Baugrundstücken für neue Gerätehäuser. Derartige Projekte sind auf Bundesebene natürlich nicht einfacher zu realisieren, aber für das Technische Hilfswerk vielerorts nötig. Nicht nur in Halver.
Der wichtigste Faktor ist natürlich der Mensch. Und hier sich kann der Ortsbeauftragte Jörg Lüttringhaus glücklich schätzen, nicht nur auf insgesamt 85 Engagierte im Ortsverband Halver zählen zu können. Mehr als 50 von ihnen gelten als “einsatzbefähigte Kräfte”. Auch der weibliche Anteil ist mit 17 Frauen und Mädchen aktuell zwar ausbaufähig, aber doch richtungsweisend. Mit Matthias Oelke und Matthias Nagel hat der Ortsverband gleich zwei Köpfe, deren Tatkraft mit dem “THW-Ehrenzeichen in Bronze” gewürdigt worden. Diese Auszeichnung für besondere Verdienste um das Technische Hilfswerk wurden von Ronja Kreft verliehen, die als Referatsleiterin des THW-Landesverbandes THW eine Festrede zum 60-Jährigen Jubiläum hielt. Matthias Oelke und Matthias Nagel sind beide “Urgesteine” des Halveraner Ortsverbandes. Oelke leitet diesen seit 2005 als Zugführer und ist auch kreisweit als Führungskraft und Berater für Großlagen gefragt. Nagel brachte bereits viel berufliche Kompetenz als Diplom-Ingenieur für Energie- und Beleuchtungstechnik ein. Beide können auf insgesamt 250 erfolgreiche Einsätze zurückblicken. Viele Kontakte über das THW hinaus gehen auf ihr Konto, so gilt Matthias Oelke als “Schnittstelle” zur Feuerwehr, während sein Vornamensvetter kurze Dienstwege zur Industrie pflegen soll, was der optimalen Ausstattung mit Lichtmasten und Funkgeräten zugute kommt.
Eingeleitet wurden die Jubiläumsfeierlichkeiten mit Trommelwirbel des Fanfarencorps Landsknechte Halver, der “gemütliche” Part endete mit einem herzhaften Essen. Um die Verpflegung kümmerte sich die Jugendabteilung des Ortsverbandes, die im kommenden Jahr ebenfalls ein Jubiläum feiern kann, denn sie kann dann auch schon auf ein vierzigjähriges Bestehen zurückblicken.
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