Letzte Ratssitzung mit umfangreichem Programm und vergleichsweise zahmen Haushaltsreden
KIERSPE (mk) Die letzte Ratssitzung in diesem Jahr verlief am vergangenen Dienstag, 27. November, ausgesprochen friedlich. Das ist zwar in der Raukstadt eigentlich auch so üblich, aber an diesem Abend wurde der Haushalt für das kommende Jahr verabschiedet. Manche Kiersper Bürgerinnen und Bürger erinnern sich vielleicht noch an die letzten Haushaltsreden im vergangen Februar, und das zukünftige Haushaltsdefizit in Höhe von rund 1,6 Millionen birgt ja doch Konfliktpotential. Die kontroversen Diskussionen darum gab es bereits im Vorfeld, weshalb der Haushalt für 2025 auch so verabschiedet wurde.
Und das mit großer Mehrheit, es fehlten allerdings die Stimmen der FWG. Ausserdem ließ es sich der FWG-Fraktionsvorsitzende Peter Christian Schröder nicht nehmen, zum Abschluss seiner Haushaltsrede seinen Beitrag zur Beseitigung des Haushaltsdefizits zu leisten: Mit einer Spende in Höhe von fünf Euro, aus der Fraktionskassse entnommen und zweckgebunden zum Kauf eines Lottoscheins. Obgleich man der Aktion einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen kann, bleibt offen, ob die verhaltenen Reaktionen der übrigen Ratsmitglieder so gewollt waren. Immerhin: Bürgermeister Olaf konnte darüber schmunzeln und reichte den Schein postwendend an die neben ihm sitzende Kämmerin Kerstin Steinhaus-Derksen weiter.
Peter Christian Schröder (FWG) zum Haushalt 2025
Zuvor hat Schröder in seiner Haushaltsrede vor allem die Verkehrspolitik ins Visier genommen. Abgesehen davon, dass er Bürgermeister Stelse eine deutliche Mitschuld an der aktuellen Situation durch mangelndes Engagement hinsichtlich eines LKW-Durchfahrtsverbots vorwirft, sieht er Kierspe besonders durch den Kreis und das Land Nordrein-Westfalen, aber auch durch den Bund im Stich gelassen. Durchaus einen Zusammenhang zur aktuellen Haushaltslage hat auch sein Vorwurf mangelnder Solidarität der Städte Iserlohn, Menden, Hemer und Plettenberg, die sich bei der Mitfinanzierung des Lüdenscheider Klinikums über die Kreisumlage benachteiligt sehen und eine alternative Berechnung fordern.
Auch Armin Jung (FDP) sieht Verkehr als besonders belastendes Thema und fordert Entlastungen
“Erschreckend ist insbesondere, dass unsere Einnahmen bereits niedriger sind als die Kreisumlage, die wir zu leisten haben. Damit werden unsere Möglichkeiten für notwendige Investitionen immer geringer, und gleichzeitig geraten wir in eine gefährliche finanzielle Abwärtsspiral”, warnt der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten. Armin Jung betont in seiner Haushaltsrede zwar, dass das Defizit ursprünglich noch dramatischer kalkuliert wurde, doch schon jetzt müssen Lösungen gefunden werden.
Nichtsdestotrotz nennt er diverse Maßnahmen, die nach Ansicht der FDP die Zukunft der Stadt sichern. Gleichzeitig sieht die FDP auch positive Entwicklungen. So sei der Verzicht auf Steuererhöhungen genauso als Erfolg zu werden wie die differenzierte Lösung bei der Grundsteuer-Neuberechnung.
Völlig anderes Thema in der Rede der SPD
Christian Reppel verfolgt in der Haushaltsrede der SPD andere Gedanken. Seine Ansprache nimmt die Haltung der Menschen in Kierspe in die Pflicht — und lobt ausdrücklich die Politik: “Unser Dank gilt allen , die dazu beitragen, unsere Stadt lebenswert zu halten”, führt Reppel aus, und benennt dabei “die Kämmerin und den Bürgermeister für ihre zuverlässige Arbeit”, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Reppel betont die konstruktive Arbeit der “demokratisch denkenden Fraktionen”.
Für die Bürgerinnen und Bürger, die für ihre Stadt einstehen, hat die Kiersper SPD überwiegend lobende Worte. Aber auch mahnende: “Forderungen sind teils unsachlich, konstruktive Vorschläge bleiben selten. Wir erleben Kritik, Beschimpfungen und Unterstellungen, etwa über angeblich „geheime Ratssitzungen“.
Solche Erfahrungen sind frustrierend und lassen uns manchmal zweifeln, warum wir uns dieser Verantwortung überhaupt stellen.”
Einsparpotential rechnet die UWG vor — und teilt Seitenhieb an die Freien Demokraten aus
Clemens Wieland beschäftigte sich in der Haushaltsrede der Unabhängigen Wählergemeinschaft nochmals im Detail mit den Zahlen des zukünftigen Haushalts. Hier sieht seine Partei noch Stellschrauben, um die Situation zu verbessern. Doch diese Hinweise sind in die Zukunft gerichtet. Die UWG werde dem Haushalt zustimmen und lobte, so wie es auch die meisten Fraktionen taten, die Arbeit der Verwaltung, insbesondere durch Bürgermeister Stelse und die Kämmerin Steinhaus-Derksen.
Für die Zukunft schilderte Wieland aber klare Vorstellungen — und Sorgen: “Mathematisch steuern wir in diesem Haushalt in ein negatives Ergebnis von ca. 1,630 Millionen Euro. Wir finanzieren per Saldo den Haushalt zu Lasten unseres Eigenkapitals. Irgendwann ist die Spardose leer.” Eine angedachte Vergnügungssteuer oder eine etwaige Senkung von Versicherungsprämien dürften nur kleine Mosaiksteine zur Problemlösung sein.
Obgleich auch die UWG die grundsätzlich gute Zusammenarbeit den anderen Ratsfraktionen betont, wurde Wieland bei einem Disput deutlich, den es mit der FDP gab. Stein des Anstoßes waren 1100 Euro für den Seniorenbeirat: “Umso lächerlicher und peinlich war das Diskussionsverhalten der FDP und der Freien Wähler im Hauptausschuss als es um die Unterstützung einer aktiven Gruppe unserer Senioren ging.”
Kerstin Rothstein (CDU) macht “Schlenker” zur Bundespolitik
Die Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten nahm — bei Haushaltsreden keineswegs unüblich — die Bundespolitik aufs Korn. Sie sieht nach dem Bruch der Ampelkoalition einen “Rosenkrieg peinlichen Ausmaßes” und benennt die aktuellen Probleme, die zu bewältigen sind: “Herausforderungen wie beispielsweise der Klimawandel, Flüchtlingskrise, Fachkräftemangel, Inflation, soziale Ungleichheiten und vieles mehr, fordern unsere Gesellschaft zu enormen Anstrengungen”, so Kerstin Rothstein, und stellt fest: “Deutschland befindet sich in einer Wirtschaftskrise.” Dennoch sieht sie beim Bund durchaus Potential im Bundeshaushalt, bei dem auch die Kommunen entlastet werden könnten: “Wenn es der Bund nicht schafft bei Rekordsteuereinnahmen die Ausgaben in den Griff zu bekommen, wie soll das dann von den Kommunen geleistet werden?”, lautete ihre Frage, die gleichzeitig auch einen Appell darstellt.
Detlev Jungmann kritisiert die Finanzpolitik von Kreis & LWL, und lobt die Kämmerin
Auch die Fraktion des Bündnis 90 / Die Grünen schließt sich der mehrheitlichen Meinung an, dass die Stadt Kierspe an der Haushaltsmisere wenig ausrichten kann, und sieht die Schuld vorrangig im Wirtschaften des Märkischen Kreises und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL): “Darüber hinaus ist es mir wichtig, auf die anhaltend steigenden Kosten von Seiten des Märkischen Kreises und des LWL hinzuweisen. Während wir als Stadt gezwungen sind, mit unseren Mitteln zu wirtschaften, scheinen der Kreis und der LWL ihre finanziellen Möglichkeiten zu überschreiten und die Kosten einfach auf die Kommunen umzulegen”, erklärt Fraktionssprecher Jungmann. Seiner Partei sind darüber hinaus die aktuellen Probleme rund um den Bahnverkehr ein Dorn im Auge. Wie die übrigen Fraktionen auch betont Jungmann, dass Städte und Kommunen genug Spielraum bräuchten, um wichtige Infrastrukturprojekte wie den Bau von Feuerwehrgerätehäusern umsetzen zu können.
Die Verabschiedung des Haushaltes für das kommende Jahr war ein wesentlicher Punkt auf der Agende der letzten diesjährigen Ratssitzung. Es gab jedoch noch weitere wichtige Themen: So wurde der Heimatpreis der Stadt Kierspe an der Vereine verliehen, ausserdem wurde ein Windradprojekt vorgestellt. Weitere Berichte dazu folgen!