Die “Meisterfrisöre” heißen nun “Bosphorus Meisterfrisöre”, aber die Chefin bleibt
Diese Betriebsübernahme ist der Traum vieler Unternehmer im Rentenalter, doch gleichermaßen kurios: Dagmar Saal-Dietrich verkauft ihren Frisörsalon an ihre Nachbarn, die allerdings ein Döner-Restaurant betreiben. Die Frisör-Meisterin bleibt aber an diesem Standort erhalten. Sie geht nicht in den Ruhestand, sondern wird den Salon noch einige Jahre als Betriebsleiterin weiterführen.
Kierspe (mk) Es war kein Geheimnis, dass die Betreiberin des alteingessenen Frisörsalons an der Kölner Straße einen Nachfolger suchte, und auch die Immobile verkaufen wollte. Nicht einfacher wurde das Vorhaben, auf das Unternehmer zumeist schon Jahre vor dem Rentenalter hinarbeiten, durch die Pandemie und die Fachkräftesituation. Diese Faktoren haben auch dem Frisör-Handwerk schwer zugesetzt. Doch Dagmar Saal-Dietrich ließ sich davon nicht beirren. Den Wunsch nach “Kürzertreten” verspürte sie, aber komplett in den Ruhestand gehen wollte sie sowieso erstmal nicht.
Impulse kamen ausgerechnet von den Nachbarn: Joana und Masum Akay haben im vergangenen Frühjahr direkt nebenan ein Schnellrestaurant eröffnet und sahen in dem Ladenlokal von Dagmar Saal-Dietrich eine potentielle Erweiterungsfläche. Doch schnell befanden sie: “Der Frisörsalon ist zu schade, um geschlossen zu werden.” Und da Joana Akay eine große Affinität zum Gewerk ihrer Nachbarin hatte, kam die Idee auf, das Haus samt Salon zu kaufen, diesen obendrein zu erweitern. Nicht räumlich, sondern personell.
Seit dem vergangenen Freitag, 3. Januar, fährt der Frisörbetrieb nun unter neuer Flagge: Der Name und die Aussenwerbung wird an den benachbarten Döner-Grill angeglichen. Darüber hinaus haben die beiden Betriebe natürlich wenig miteinander zu tun. Dagmar Saal-Dietrich wird nun Angestellte und freut sich darüber: “Endlich mal mit gutem Gewissen Urlaub machen und geregelte Arbeitszeiten haben”. In den Zeiten, in denen die Handwerksmeisterin häufig allein arbeitete, war das nicht möglich, doch durch neue Mitarbeiter lässt sich der Betrieb nun gut organisieren.
Die Verantwortung wird wohl nicht viel weniger, aber damit hat die berufserfahrene Frisörin kein Problem. Im Gegenteil: Sie kann sich nun auf die Aufgaben konzentrieren, die eigentlich Schwerpunkte der Meister-Tätigkeit sind. “Mir liegt die Ausbildung sehr am Herzen”, bekundet die frischgebackene Betriebsleiterin. Bekanntlich gibt es im Frisörhandwerk viel Tradition, aber durch neue Moden auch ständig neue Techniken zu erlernen. Erhalten bleibt den Kundinnen und Kunden der menschliche Umgang und auch das Ambiente des Salons.
Neu hingegen ist, dass nun auch Herrenhaarschnitte einen wesentlichen höheren Stellenwert erhalten. Auch das geht nur mit mehr Personal. Neben den Frisörin-Gesellinnen Svenja Anuth und Aylin Scalione sind auch Ashkan Begi und Niemat Mohammed an Bord. Beides in ihrer Heimat auch ausgebildete Frisöre, allerdings würden ihre Berufsabschlüsse hierzulande nicht anerkannt, so Saal-Dietrich. Aylin Scalione wird sich in den kommenden Jahren darauf vorbereiten, die Firmengründerin als Betriebsleiterin abzulösen, die ihren Ruhestand trotz allem Engagement nicht völlig aus dem Blick lässt. In ihrem Laden bleibt es jedenfalls lebendig: Eindeutig ein positiver Impuls, insbesondere auch für die Kölner Straße, die jede Belebung bitter nötig hat.
Übrigens können sich die Kunden auch auf erweiterte Öffnungszeiten einstellen. Der freie Montag hat zwar für Frisöre eine ähnliche Tradition wie der Mittwochnachmittag für Ärzte, doch damit soll nun Schluss sein: In Kürze werden die Bosphorus Meisterfrisöre die ganze Woche über geöffnet haben. Wann es mit damit losgeht, steht allerdings noch nicht fest. Alles in allem eine Betriebsübername, die Stammkunden beruhigt, und von der viele Unternehmer nur träumen können.