“Auf einen Döner” mit FDP-Spitzenpolitiker Johannes Vogel
Mitten im Wahlkampf-Endspurt macht der Vize-Bundesvorsitzende der Freien Demokraten Rast in Kierspe, und trifft sich mit Partei-Kameraden sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern in einem Döner-Imbiss an der Kölner Straße. Die erleben den Bundestagsabgeordneten locker, entspannt und mit gesundem Appetit. Bevor die Reise nach Hamburg weiterging, blieb Zeit für Gespräche über die unmittelbar anstehende Bundestagswahl.
KIERSPE (mk) Der Bosphorus-Grill wurde voll: Etwa 20 Personen kamen am Freitagmittag, 21. Februar, zusammen. Die Idee zu der Kebap-Kampagne ist nicht ganz neu, aber der stellvertretende FDP-Ortsvorsitzende Armin Jung hatte angeregt, so etwas auch in Kierspe zu veranstalten. Johannes Vogel war sofort einverstanden, zumal der Termin genau in die Mittagszeit viel. “Wir von der FDP wollen auch mehr Döner vom Brutto”, erklärt Vogel auf saloppe Weise, dass seine Partei mehr im Geldbeutel vor allem für die erwerbstätigen Menschen in Deutschland erreichen möchte.
Im Gespräch mit mein-kierspe.de gab sich der Wermelskirchener, der für den Wahlkreis 148 Olpe — Märkischer Kreis I antritt, ausgesprochen locker. Dass der 42-Jährige für das Sauerland, und nicht für seine Heimat kandidiert, liegt an Christian Lindner. Der ehemalige Finanzminister steht im Wahlkreis 99 auf der Kandidatenliste. Das ist allerdings nicht der einzige Grund, warum sein Name beim Zusammensitzen häufiger fällt. Das Treffen hat schon fast etwas familiäres, auch die FDP-Landtagsabgeordnete Angela Freimuth folgte der Einladung nach Kierspe.
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Nach dem Essen beantwortete Johannes Vogel im Interview zehn Fragen:
1. “Auf einen Döner” – wer hat sich diese Art des Treffens einfallen lassen?
Die Idee kam von Armin Jung — und ich war sofort Feuer und Flamme. Erstens mag ich gerne Döner, zweitens machen wir in verschiedenen Wahlkreisen, mit verschiedenen Kandidaten, solche Döner-Aktionen. Unter der Überschrift “Mehr Döner vom Brutto”. Wir wollen, dass die Menschen mehr in der Döner-Tasche, und auch nach der Wahl mehr in der Geldbörse haben.
2. Sie kommen aus Wermelskirchen, hat das den Kontakt zu Christian Linder beeinflusst?
Ehrlich gesagt: Garnicht. Er ist drei oder vier Jahre älter, da hat man keinen Kontakt. Man kennt sich da irgendwo vom Sehen, aber kennengelernt habe ich ihn erst, als ich in die Jungen Liberalen und die FDP eintrat. Als ich später und Kreisvorsitzender der JuLis und Student war, habe ich in seinem Landtagsbüro einen Studi-Job gemacht und im Wahlkampf mitgewirkt.
3. Sie sind Politikwissenschaftler – und haben damit die Qualifikation, die anderen Politikern gelegentlich abgesprochen wird. Wie sehr beeinflusst das Ihren Blick auf das politische Geschehen?
Natürlich nimmt man alles, was einen prägt, auch mit in die eigene Urteilsfähigkeit. Ich bin zwar studierter Politikwissenschaftler, habe aber auch berufliche Erfahrungen in anderen Bereichen. Ich war zuletzt Führungskraft in der Bundesagentur für Arbeit, und in meinem Zivildienst bekam ich eine Ausbildung zum Rettungssanitäter. Man macht eben seine Erfahrungen im Leben, und ich bin nicht der Ansicht, dass man diese Qualifikation unbedingt haben muss als Politiker. Aber natürlich habe ich mich dem politischen System schon beschäftigt, bevor ich selbst aktiv geworden bin. Das hilft schon an vielen Ecken und Enden.
4. Mit welchen Vorhaben sieht die FDP gute Chancen, um bei der Wahl zu punkten?
Es gibt viele Themen, aber unser Kernthema ist, dass unser Land wieder stark wird. Das nennen wir “Wirtschaftswende”. Ich persönlich habe ein Thema, mit dem ich durch den Wahlkampf ziehe, weil ich es selbst entwickelt habe. Das ist die gesetzliche Aktienrente. Wenn wir das Rentensystem nicht refomieren, dann werden die Steuern und Abgaben explodieren und für die Leute nicht mehr finanzierbar bleiben. Ich treffe häufiger besonders auf junge Leute, die sagen “Gott sei Dank, dass sich wenigstens eine Partei Gedanken macht, wie das weiterhin funktionieren soll”.
5. Wie ginge es für Sie persönlich weiter, falls die FDP ein Wahldebakel erleben würde?
Sie müssen sich um mich keinen Sorgen machen, ich bin beruflich unabhängig. Aber ich denke nicht nach über Plan B, sondern arbeite an Plan A.
6. Welche Fragen stellen Ihnen Bürgerinnen und Bürger? Welche Themen werden an Sie herangetragen?
Ganz unterschiedlich. Viele beschäftigt ihre wirtschaftliche Situation, ich spreche mit vielen, die sagen “es ist alles teurer geworden”. Die Frage nach mehr Netto vom Brutto. Auch wie es mit Europa weitergeht, auch gegenüber Putin und andere. Das hängt mit der wirtschaftlichen Situation zusammen. Voraussetzung für geopolitische Stärke ist wirtschaftliche Stärke. Und dann gibt es ganz viele Einzelthemen.
7. Bei welchen Ansichten widersprechen sie häufiger den Menschen?
Das kommt immer wieder vor. Als Politiker musst Du für einen jeweilige Überzeugung streiten und nicht dem Gesprächspartner nach Mund reden. Das ist eine charakterliche Grundvoraussetzung in der Politik. Was ich in diesem Wahlkampf erlebt habe, weniger in unserer Region, aber häufiger woanders, ist die Frage “Was geht uns die Ukraine an?”. Da bin ich ganz anderer Meinung. Wenn wir Putin durchkommen lassen, dann nimmt er sich als nächstes EU-Staaten vor. So eine Welt kann niemand wollen.
8. Wo sehen Sie ausbaufähige Schnittmengen mit anderen Parteien?
Also es muss mehr gemeinsame Schnittmengen in der zukünftigen Regierung als in der gescheiterten Ampelregierung geben bei der Frage “Wie reißen wir das Ruder herum”. Für mehr wirtschaftliche Stärke. Das kommt auch sehr auf die Konstellation an. Sind da zwei eher links denkende Parteien in der Koalition oder zwei marktwirtschaftliche Parteien? Bei der CDU fehlt mir ein vernünftiges Rentenkonzept, aber bei Fragen wie Steuersenkungen oder dem Bürokratieabbau sind wir uns schon einiger. Aber ich weiß, wenn man die Union alleine lässt mit SPD oder den Grünen oder gar beiden, dann wird das schwierig. Daher kämpfe ich für einen Koalition, wo die Schnittmengen für eine gemeinsame Wirtschaftspolitik groß genug sind, damit dieses Land auch diesmal die Krise überwindet, wie wir das am Anfang der 2000er Jahre schonmal gemacht haben. Wir waren schonmal “Kranker Mann Europas” und haben das mit Reformen schon einmal geschafft, da herauszukommen.
9. Wieviele solcher Treffen haben Sie in der letzten Zeit absolviert?
Ein Treffen in einem Döner-Imbiss in Kierspe heute zum ersten Mal. Unterschiedliche Wahlkampfveranstaltungen mit größerer Zahl an Menschen habe ich zwischen dem Dreikönigstag und dem Wahltag bei etwa 60 Terminen bundesweit. Die Veranstaltungen in meinem Wahlkreis allerdings nicht mitgezählt.
10. Können Sie Lindner einen Döner schmackhaft machen, falls ihm am Sonntag der Appetit auf Hummer vergeht?
Ich weiß, dass Christian Lindner auch gerne Döner isst. (Johannes Vogel antwortet lachend)
Herr Vogel, vielen Dank für das Interview.
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