Fast 400 Teilnehmer bei Kundgebung für die Demokratie in Kierspe
KIERSPE (mk) Der Zeitpunkt der Kundgebung schien vielen Menschen doch nicht so unpassend gewesen zu sein, wie mancher vielleicht dachte: Die wie in vielen Orten nun auch in Kierspe organisierte Demo für den Erhalt der Demokratie zog am Samstagmorgen, 10. Februar, beinahe 400 Teilnehmer zum Forum vor der Gesamtschule. Die Uhrzeit für die Veranstaltung gegen rechts war vom neu gebildeten Bündnis für Demokratie und Vielfalt bewußt mit 10 Uhr angesetzt worden. Die Teilnehmerzahl wurde von mehreren Beteiligten übereinstimmend auf deutlich über 300 geschätzt, eher waren es 400, von denen sich etliche mit bunten Schildern und Spruchtafeln gegen Extremismus und für den Erhalt von Demokratie, Vielfalt und vor allem aber Menschenwürde positionierten.
Eröffnet wurde die Kundgebung von Markus Gorecki, der diese gemeinsam mit Gundula Schneider und Ulrike Schumacher federführend organisiert hat. Die Demonstration ist auch als Auftaktveranstaltung für die Aktivitäten des Kiersper Bündnisses für Demokratie und Vielfalt zu verstehen. Dabei handelt es sich um eine Gruppierung von Menschen, die sich auf verschiedenste Weise für den Erhalt unserer liberalen Gesellschaft und gegen ein Abdriften gegen Rechts einsetzen wollen.
In seiner Begrüßung definierte Gorecki die Ziele der Kundgebung: “Wir sind heute hier, um gemeinsam für ein demokratisches und vielfältiges Bündnis einzustehen, in der jeder gleichberechtigt ist und wir alle zusammenarbeiten, um eine gerechte und inklusive Gemeinschaft aufzubauen”, so der Mitorganisator. Für den Erhalt der Demokratie einzustehen, ist zweifellos wichtiger denn je.”
Bürgermeister Olaf Stelse macht in seiner Ansprache deutlich, dass die Demokratie nicht selbstverständlich sei, sondern immer häufiger und offensichtlicher untergraben werde: “Ja — wir leben in einer Zeit, in der Zweifel wachsen. Zweifel an Entscheidungen, Zweifel an handelnden Personen, Zweifel an dem eingeschlagenen Weg. Nun ist Zweifeln an sich nichts Schlimmes — fragwürdig ist nur, wie diese Zweifel immer öfter vorgetragen und von Demokratiefeinden wissentlich missbraucht werden.” Gleichwohl zeigt sich der Kiersper Bürgermeister erleichtert über die große Teilnehmerzahl bei der Kundgebung: “Ich bin stolz, dass durch solche Versammlungen wie diese deutlich wird, dass es viele Menschen in unserer Stadt gibt, die für Demokratie und eine freie, offene und liberale Gesellschaft aufstehen”, so Olaf Stelse.
Ein Eckpfeiler der Demokratie in Deutschland ist das Grundgesetz. Das wurde von Gundula Schneider thematisiert: “Wir alle stehen hier, weil wir uns Sorgen machen um unsere Demokratie. Für diese Demokratie haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes, die noch unter dem Schock des Dritten Reiches standen, gerungen. Sie haben sich sehr gut überlegt, wie eine wehrhafte Demokratie aussehen kann, die den Menschen möglichst viele Freiheiten und Gelegenheiten zur Mitgestaltung gibt, dabei aber sich gegen ihre eigene Zerstörung von innen heraus zur Wehr setzen kann.”
Mit Reiner Fröhlich, Pfarrer im Ruhestand, konnte das Bündnis für Demokratie und Vielfalt einen Sprecher mit einem christlichen, biblischen Blickwinkel gewinnen. Fröhlich verdeutlichte mit Beispielen aus der Bibel, wie anfällig jeder Mensch für das Böse ist. Grund genug, sich gegen Alleinherrschaft und Diktatur auszusprechen: “Deshalb bin ich stolz auf unsere Demokratie und auf unser Grundgesetz, weil bei uns die Gewaltenteilung festgeschrieben ist. Es kann nicht einer alleine entscheiden, was gemacht wird”, so Fröhlich. In die meisten Politikern in Deutschland setzt der ehemalige Pfarrer viel Vertrauen: “Die Politiker und Politikerinnen unseres Landes setzen sich fast alle dafür ein, dass es den Menschen in unserem Land möglichst gut geht und dass unser Miteinander gelingt. Dafür bin ich dankbar.”
Alleine schon, um denjenigen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die Demonstrationen und Kundgebungen gegen rechts als “staatsgelenkt” bezeichnen, war diese Veranstaltung bewußt ohne direkte Beteiligung etwaiger Parteien organisiert worden. Dennoch war der Zuspruch aus der Politik groß. Auch heimische Vertreter aus Land- und Bundestag demonstierten mit, allerdings in den Reihen der Teilnehmer.
Die Kundgebung war nach rund einer Stunde beendet. Das Wetter spielte mit, für kurze Zeit wurde das Forum sogar von einigen Sonnenstrahlen erhellt. Obgleich die Teilnehmerzahl um ein Mehrfaches größer war als erhofft, blieb es friedlich: Die anwesenden Polizeibeamtinnen und Beamten hatten keinen Anlass, in irgendeiner Weise tätig zu werden. Für das Kiersper Bündnis für Demokratie und Vielfalt war es ein Auftakt für weitere Aktivitäten. Am vergangen Donnerstag, 8. Februar, trafen sich rund ein Dutzend interessierter Bürgerinnen und Bürger in den Räumen von “Hand in Hand” zu einem ersten Kennenlernen und ausloten, wie man sich gemeinsam engagieren kann (mehr darüber auf mein-kierspe.de in einem weiteren Bericht).